Christine Bürk

Jochen Klepper

Foto: Stolperstein, Berlin, vor dem Wohnhaus

Während ich diese Zeilen schreibe, gedenken wir des 120. Geburtstages von Jochen Klepper. Er war einer der bedeutensten, christlichen Schriftsteller und Liederdichter im 20. Jahrhundert.
Einige seiner schönsten und bekanntesten Lieder finden wir in unserem reformierten Kirchengesangbuch, z.B. das Morgenlied «Er weckt mich alle Morgen» (RG 574), das Jahreswechsellied «Der du die Zeit in Händen hast» (RG 554) oder das schöne Adventslied «Die Nacht ist vorgedrungen» (RG 372). Nun wäre der Liederdichter am 22. März 120 Jahre alt geworden. Jochen Klepper ist 1903 in Schlesien, in Beuthen an der Oder, zur Welt gekommen. Er stammte aus einer Pfarrfamilie und studierte ebenfalls Theologie. Den Pfarrberuf ergriff er aber aufgrund seiner kränklichen Konstitution nicht, sondern er fing an, journalistisch tätig zu sein und arbeitete als freier Schriftsteller und beim Rundfunk.

Jochen Klepper heiratete 1931 die 13 Jahre ältere jüdische Witwe Johanna Stein, die zwei Töchter, Brigitte und Renate, mit in die Ehe brachte.

Als die Nationalsozialisten in Deutschland 1933 die Macht übernahmen, wurden die Repressalien gegenüber Ehepaaren und Familien, die mit einer jüdischen Person zusammenlebten, immer härter. So verlor Jochen Klepper, der in einer «Mischehe» (Begriff des Nationalsozialismus) mit Johanna lebte, seine Stelle beim Radio und erhielt ein Schreibverbot. Eine der Töchter, Brigitte, konnte nach England fliehen, doch für den Rest der Familie drohte die Katastrophe. Klepper ahnte, dass seiner Frau Johanna und der Tochter Renate die Deportation durch das Naziregime bevorstand.

Das Bekannteste an seinem Leben ist leider sein tragischer Tod am 11. Dezember 1942, als er aus Liebe und Solidarität zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter den Freitod wählte.

Am Vorabend der Todesnacht hatte Jochen Klepper in dieser verzweifelten Situation voller Vertrauen auf den gnädigen Gott in sein Tagebuch geschrieben:

«Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst. Wir sterben nun, ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heute nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.»

Mich berühren seine Lieder und Gedichte sehr, denn Jochen Klepper schrieb voll Vertrauen auf den Gott der Gnade, der uns in Jesus Christus nahe gekommen ist, der uns in der Finsternis nicht alleine lässt. Er wandte sich im Leid nicht von Gott ab. Im Gegenteil, im Leid suchte er Gott noch mehr.

Alles, was er schrieb, sind zu Worten gewordene Erfahrungen, die aus Bedrängnis, Zweifel und Not kamen, die im Schmelzofen des Leides geläutert wurden. Seine Lieder sind klingende Bibelworte, die aus der Tiefe kommen und einen grossen Segen in sich tragen – so z.B. das Lied RG 746: «Ja, ich will euch tragen bis zum Alter hin. Und ihr sollt einst sagen, dass ich gnädig bin.» (Strophe 1)

Gehen doch auch wir mit diesem Vertrauen, dass Gott uns tragen wird, in jeden neuen Tag in dieser turbulenten Zeit.

Christine Bürk, Pfarrerin
Bereitgestellt: 01.05.2023      
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