Abgebaut und angebaut, zugebaut und umgebaut, aber immer aufgebaut

Alte Johanniskirche Brügge

Das Foto zeigt eine Ecke des alten Sankt-Jans-Hospitals mit seiner Kirche in Brügge/Belgien.

Zuerst gingen wir selbstverständlich hinein und bestaunten die beeindruckenden Renaissancemalereien von Hans Memling (1430-1494). Seine Marien sind lebensnah und himmlisch zugleich, ganz individuell und überzeitlich schön.
Einmal vor Ort, liessen wir auch das Apothekenmuseum nicht aus, das seinen Platz aus gutem Grund im ehemaligen Spital gefunden hat. Die kritische Auseinandersetzung mit unserem aktuellen Konsum von Tabletten und Kapseln, Tröpfchen und Dragees wird ebenfalls künstlerisch-wertvoll, vor allem aber mit einem Schmunzeln angeleitet.


Ob sich wirklich alles um die eigene Gesundheit drehen sollte? Ob es für alles eine Pille geben muss? Bald wurde klar, dass es im grossen Zusammenhang aller Generationen vor und nach uns noch auf ganz Anderes ankommt.

Unmittelbar danach entdeckte ich die – gefühlt hundertmal – umgebaute Ecke aussen an der Kirche und merkte zum wiederholten Male, was für eine uralte Dauerbaustelle eine Kirche doch ist. Nicht erst im 21. Jahrhundert diskutiert man Reformen und Umbauten aller Art. Immer wieder hat man hier Eingangsbögen zugemauert, höher gebaut, Steine ausgewechselt. Das Material wurde im Laufe der Zeit einerseits stabiler, aber war wohl oft auch knapp. Ganz abgerissen hat man nie, dazu waren auch die ältesten Ziegelsteine zu kostbar. Dass man alles irgendwie Brauchbare recyceln muss, war in längst vergangenen Zeiten klar. Wie gut, dass es uns wieder aufgefallen ist.

Das alt- und neutestamentliche Gleichnis vom Eckstein (Psalm 118, 22 und Markus 12, 10 u.ö.) und allen, die darauf bauen, hat sich über die Jahrhunderte als wahr erwiesen. Der Grund der Kirche ist gelegt – es ist Jesus Christus. Niemand kann einen anderen Grund legen (1. Korinther 3, 11). Paulus hat das eingeschärft, den anderen und sich selbst sicherheitshalber auch gleich nochmal.

Alle bauen auf diesem Fundament – Kirchen und Gemeinden, aber einen Preis für Schönheit haben wir Nachfolgerinnen und Nachfolger wahrscheinlich nicht verdient. Manchmal hat sich die Christenheit die vielfältigen Zugänge zu Gott auch selbst komplett verbaut. Das muss man ehrlicherweise zugeben: mit Geld und Gewalt, mit Zwang und Zorn. Aber dieser bunte Mix aus den einen und den ganz anderen Steinen hält, gibt Heimat und Geborgenheit und macht Mut, den kommenden Umbauten mit Gelassenheit und Gottvertrauen entgegenzusehen.

Lassen Sie sich in den Sommerferien keine Kirche entgehen! Besichtigen Sie alle, von innen und von aussen. Verweilen Sie auch bei den wenig attraktiven, oft umgebauten Ecken. Beten Sie trotzdem, auch dann, wenn eine Kirche schon lange zum Museum umfunktioniert wurde. Und kommen Sie heil und gern wieder heim ins Suhren- und Uerkental, in unsere Schöftler Kirche. Sie ist tagsüber geöffnet und muss den internationalen Vergleich mit anderen (Dorf-) kirchen keineswegs scheuen.

Dörte Gebhard, Pfarrerin
Bereitgestellt: 01.07.2025     Besuche: 32 Monat 
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