Christine Bürk

Himmelfahrt – Aufgefahren und doch ganz nah

WdP Mai 2025_CB

Der Feiertag Christi Himmelfahrt ist für viele Menschen eine willkommene Gelegenheit, dem Alltag für eine kurze Zeit zu entfliehen. Viele nutzen die «Auffahrts-Brücke» für einen Kurzurlaub: Koffer werden gepackt, Abschied genommen, und dann geht es los ( – bis zum Stau am Gotthard). Doch wie schnell vergeht die Zeit! Ehe man sich versieht, ist der Montag wieder da und der Alltag nimmt seinen gewohnten Lauf. Mit einem Hauch von Wehmut denken wir dann an die schönen Stunden zurück – an Momente voller Lachen, an gute Gespräche mit Familie oder Freunden, an gemeinsame Unternehmungen, die unser Herz erfüllt haben. Vielleicht bleibt ein kleines Andenken, das uns an diese Tage erinnert, ein Mitbringsel – z.B. ein schöner Stein oder ein feines regionales Produkt, das uns noch einmal ein Lächeln aufs Gesicht zaubert oder unseren Magen verwöhnt.
Ähnlich mag es den Jüngern und Jüngerinnen Jesu an jenem ersten Himmelfahrtstag ergangen sein. Auch sie mussten Abschied nehmen – aber nicht von einer kurzen Reise, sondern von ihrem Herrn und Freund, der sie so lange begleitet hatte. Seit seiner Auferstehung war er ihnen immer wieder erschienen, hatte mit ihnen gesprochen, hatte mit ihnen gegessen und ihnen neue Eoffnung gegeben. Er hatte ihre Zweifel genommen, ihren Glauben gestärkt und sie innerlich vorbereitet auf den Moment, der nun gekommen war: der Tag, an dem er sie verlassen würde. Doch wer nimmt schon gerne Abschied? Wer kann sich wirklich darauf vorbereiten, dass plötzlich din geliebter Mensch nicht mehr da ist?

Und dann geschieht es: Vor ihren Augen wird Jesusemporgehoben und entschwindet ihrer Sicht. Sie können diese Geschichte am Anfang der Apostelge-schichte nachlesen – Apostelgeschichte 1, 1-14.

Ein Moment voller Staunen, vielleicht auch vol-ler Schmerz. Die vertraute Gemeinschaft mit Jesus scheint vorbei zu sein – das, was so lebendig und greifbar war, ist nur noch Erinnerung. Möglicherwei-se haben die Freunde von Jesus sich gefragt: «Wie soll es jetzt weitergehen?»

Doch Himmelfahrt ist kein Tag der Wehmut, kein Tag, an dem man nur zurückblickt und sich fragt, warum die guten Zeiten so schnell vergangen sind. Auf den ersten Blick mag es so scheinen, als sei Jesus endgültig gegangen, als habe er seine Freunde allein zurückgelassen. Doch wer genauer hinschaut, erkennt: Himmelfahrt ist viel mehr als nur ein Abschied – es ist ein Neubeginn.

Jesus geht nicht, um fern zu sein. Im Gegenteil: Jesus Christus ist weggegangen in grössere Nähe. Das klingt paradox, aber genau darin liegt das Geheimnis von Christi Himmelfahrt. Während Jesus als Mensch an Raum und Zeit gebunden war, ist er nun in einer neuen Wirklichkeit gegenwärtig – nicht mehr nur an einem bestimmten Ort, sondern überall. Seine Nähe ist nicht mehr an äussere Begegnungen gebunden, sondern sie erfüllt nun die Herzen derer, die an ihn glauben.

Und so dürfen wir wissen: Jesus Christus ist nicht fort. Er ist mitten unter uns. Er ist bei uns, wenn wir im Alltag stehen und unsere Aufgaben erledigen. Er ist bei uns, wenn wir uns nach Ruhe und Erholung sehnen. Er geht mit, wenn wir auf Reisen sind, und bleibt, wenn wir zu Hause verweilen. Sein Dasein, sein In-uns-Sein ist eine Quelle der Kraft für jeden Tag – egal, was kommt, egal, welche Herausforderungen auf uns warten.

Himmelfahrt bedeutet nicht, dass Jesus sang- und klanglos verschwunden ist. Es bedeutet vielmehr, dass er auf eine neue Weise bei uns ist – immer und überall ist er uns nahe. Jesus Christus ist da. Das darf uns Halt und Kraft geben für die schwierigen Situationen des Lebens.

Christine Bürk, Pfarrerin
Bereitgestellt: 02.05.2025     Besuche: 44 Monat 
Datenschutz / aktualisiert mit kirchenweb.ch