Die eine Türe der Arche Noah
Die USA sind für unsere Massstäbe bekanntlich in vielem etwas überdimensioniert. Da erstaunt es nicht, dass in Williamstown im Bundesstaat Kentucky, USA, eine Nachbildung der Arche Noah in Originalgrösse gebaut wurde. Im sog. «Ark Encounter», welchen ich während meines Sabbaticals besuchte, konnte ich diese beeindruckende Nachbildung der Arche mit einer Länge von 155 Metern, einer Breite von 26 Metern und einer Höhe von 15,5 Metern bestaunen.
Für den ca. 2500 Tonnen schweren Bau wurden 7800 m³ Holz verbaut. Die Arche ist dadurch das grösste freistehende Holzbauwerk der Welt.
Die Geschichte der Arche Noah und der Sintflut ist nahezu jedem bekannt – sei es aus einer Kinderbibel, einem Gemälde oder aus einem Kreuzworträtsel. Dieses Motiv zieht sich durch viele Kulturen weltweit. In nahezu allen alten Schriften finden sich Flutmythen, etwa bei den Sumerern, Babyloniern, Assyrern, Ägyptern, Persern, Griechen, Indern, Chinesen und vielen anderen. Hier einige Beispiele: Die Hottentotten in Südafrika glauben, Nachfahren von Noah zu sein. Die Ureinwohner Hawaiis berichten von Nu-u, der mit seiner Familie als Einziger eine große Flut überlebte. In der griechischen Mythologie wird von der Vorfahrin Helen erzählt, deren Eltern durch ein Schiff vor einer Flut gerettet wurden, die Zeus geschickt hatte. Die Azteken glaubten, dass die Welt 1716 Jahre bestand, bevor sie von einer Flut zerstört wurde (in der Bibel sind es 1656 Jahre) und noch heute setzt sich das chinesische Schriftzeichen für «Schiff» aus den Teilen für «acht», «Mensch» und «Gefäss» zusammen. (Laut dem biblischen Bericht waren acht Menschen in der Arche.) – Obwohl die Details in diesen Erzählungen oft variieren, bleibt der Kern auffällig oft derselbe: Eine gewaltige Flut vernichtete die gesamte Menschheit und nur einige wenige überlebten in einem Boot oder Schiff, gerettet durch das Eingreifen eines Gottes oder einer Göttin.
Noch wichtiger jedoch als alle historischen Spuren ist für mich, was diese Ur-Geschichte uns heute noch zu sagen hat. Sowohl Jesus (in Lukas 17,26.27) wie auch der Apostel Petrus (in 2 Petrus 2,5 und 3,5-7) nehmen im Neuen Testament Bezug auf die Sintflut und vergleichen das Ereignis mit dem kommenden Ende der Welt bzw. mit der Rückkehr Christi. Was auf den ersten Blick wie eine Drohung tönt, ist aber in Tat und Wahrheit das grösste Rettungsangebot der Weltgeschichte. Noah und seine Familie wurden vor der grossen Flut gerettet, indem sie durch die eine Türe in der Seite der Arche traten. Es gab nur einen einzigen Weg in die rettende Arche, weg von der kommenden Katastrophe. Diesen können wir als Symbol auf heute übertragen. Auch jetzt gibt es nur eine Tür zur Rettung vor dem kommenden Unheil, nämlich Jesus Christus. Er selber sagte in Johannes 10,9: «Ich bin die Tür. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet». Darum ist auch bei der Arche in Kentucky ein Kreuz auf die Türe der Arche projiziert. Ich wünsche Ihnen, dass Sie durch diese rettende Tür gehen können und dadurch nicht nur einen «Platz in der Arche Jesu» haben, sondern durch den Glauben an Jesus Christus auch Mut, Trost und Zuversicht in der momentan bewegten Welt bekommen.
Beat Müller, Pfarrer